Arzneipflanzenlexikon

Baldrian

Baldrian
Foto: E. Stahl-Biskup

Botanische Bezeichnung

Echter oder Großer Baldrian – Valeriana officinalis L.

Familie

Baldriangewächse (Valerianaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Baldrian
Foto: E. Stahl-Biskup

Baldrian ist in Europa und den gemäßigten Zonen Asiens heimisch und wächst vorzugs­weise auf feuchten und schattigen Standorten. Es handelt es sich um eine viel­gestaltige Sammelart, häufig gekennzeichnet durch den Zusatz ‚s.l.’ (sensu latiore = im weiteren Sinne) hinter dem lateinischen Pflanzennamen (Valeriana officinalis s.l.). Der Gattungsname Valeriana leitet sich wahr­scheinlich wegen der Heilwirkung der Pflanze von lat. 'valere' (= gesund sein) ab. Das Artepitheton officinalis lässt darauf schließen, dass es sich um eine alte Arzneipflanze handelt, denn die „Offizin“ ist der Verkaufsraum einer Apotheke und officinalis bedeutet: in der Apotheke gebräuchlich.

Baldrian ist mehrjährig, wird 50 bis 100 cm hoch und blüht von Juli bis September mit zahlreichen kleinen hellrosa bis weißen Blüten, die doldenartig angeordnet sind. Die Blätter sind paarig gefiedert und stehen sowohl grundständig als auch paarig gefiedert am Stängel.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden die unterirdischen Pflanzenteile, bestehend aus dem kurzen, walzenförmigen Wurzelstock und den büschelig daran anhängenden, dünnen Wurzeln (Baldrianwurzel - Valerianae radix). Beim Trocknen bildet sich der typische Geruch der Droge, der durch frei werdende Isovaleriansäure verursacht wird. Auch das aus Baldrian­wurzel durch Destillation gewonnene ätherische Öl (Baldrianöl - Valerianae aethero­leum) wird arzneilich verwendet.
Die im Handel befindliche Droge stammt aus Wildsammlungen und aus Kulturen in Holland, Belgien und Osteuropa, auch in Deutschland (Thüringen) wird Baldrian angebaut.

Inhaltsstoffe der Droge

Baldrianwurzel weist ein sehr heterogenes Inhaltsstoffspektrum auf: ätherisches Öl, Sesquiterpensäuren, Iridoide (Valepotriate und deren Abbauprodukte), Lignane, Kaffee­säure­derivate, Alkaloide.
In Fertigarzneimitteln sind die bedenklichen Valepotriate nur noch in Spuren enthalten.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:

  • Baldrianwurzel (Valerianae radix)
  • Baldriantinktur (Valerianae tinctura)
  • mit wässrig-alkoholischen Mischungen hergestellter Baldriantrockenextrakt (Valerianae extractum hydroalcoholicum siccum)
  • mit Wasser hergestellter Baldriantrockenextrakt (Valerianae extractum aquosum siccum)
Für Baldrianöl (Valerianae aetheroleum) steht keine Arzneibuch-Qualitätsbeschreibung zur Verfügung.

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat Baldrianwurzel in Form von Trockenextrakten (DEV 3-7,4:1, Auszugsmittel Ethanol 40 – 70 %) zur Behand­lung einer leichten nervösen Anspannung und zur Behandlung von Schlafstörungen als „medizinisch anerkannt“ („well-established use“) akzeptiert. Außerdem hat es auch zwei Kombinationen von Baldrianwurzel und Hopfen­zapfen in Form von Trockenextrakten zur Besserung von Schlafstörungen als „medizinisch anerkannt“ („well-established use“) akzeptiert; siehe auch „Traditionelle Anwendung“.
ESCOP: zur Linderung leichter nervöser Anspannung und/oder Einschlafstörungen.
Kommission E: Unruhezustände, nervös bedingte Einschlafstörungen.

Traditionelle Anwendung

Baldrianwurzel-Schnittdroge, andere Trockenextrakte, Flüssigextrakte, Baldriantinktur, Baldrian-Frischpflanzenpresssaft und das ätherische Baldrianöl wurden vom HMPC ebenso wie mehrere Zubereitungen einer Kombination von Baldrianwurzel und Hopfen als traditionelle pflanzliche Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Baldrianwurzel und Hopfen­zubereitungen/Baldrian­zubereitungen sowie Baldrianöl zur Behand­lung leichter stressbedingter Symptome und als Schlafhilfe eingesetzt werden (siehe auch „Anerkannte medizinische Anwendung“).

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

  • geschnittene Baldrianwurzel zur Teebereitung und für Bäder, häufig mit anderen beruhigend wirkenden Drogen kombiniert verarbeitet
  • pulverisierte Droge in Tabletten und Dragees
  • Tinktur in Tropfen
  • Fluidextrakt in Tropfen und Säften
  • Trockenextrakte in Tabletten, Dragees und löslichen Instant-Tees
  • ätherisches Baldrianöl in Badezusätzen
  • Frischpflanzenpresssaft
  • Valeriana officinalis homöopathische Urtinktur in Tropfen

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss (Beruhigungstee): tägl. 1 bis 2 Tassen Baldrianwurzeltee trinken, bei Einschlafstörungen ½ Stunde vor dem Schlafengehen. Baldrianwurzel kann gut mit anderen beruhigend wirkenden Drogen (z.B. Passionsblumenkraut, Hopfen, Melisse) kombiniert werden. Eine Schlafförderung tritt erst nach 5 bis 14 Tagen ein.
Für ein abendliches Vollbad wird ca. 100 g geschnittene Baldrianwurzel verwendet; Badezeit 15 bis 20 Min.; für ein Vollbad mit Baldrianöl genügen 300 bis 400 mg Baldrianöl (ca. 10 Tropfen).

Bereitung eines Teeaufgusses

2 bis 3 g geschnittene Baldrianwurzeln mit ca. 150 ml siedendem Wasser übergießen und bedeckt stehen lassen. Nach 10 bis 15 Minuten abseihen.

Hinweise

Da Baldrianwurzel möglicherweise die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt, sollte man vor­sichtshalber bis zwei Stunden nach Einnahme eines Medikaments mit Baldrianwurzel nicht Auto fahren.
Für die Anwendung von Baldrianwurzel während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.

Nebenwirkungen

Allenfalls leichte Magen-Darm-Beschwerden

Wechselwirkungen

Keine bekannt

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2016, 2020), ESCOP (2009), Kommission E (1990), WHO Vol. 1

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Baldrianwurzel, Nr. 0543; Baldriantinktur, Nr. 1899; mit Wasser hergestellter Baldrian­trockenextrakt, Nr. 2400; mit wässrig-alkoholischen Mischungen hergestellter Baldrian­trockenextrakt, Nr. 1898)

 

Adonisröschen    Afrikanischer Pflaumenbaum    Aloe    Andorn    Angelica    Anis    Arnika    Artischocke    Augentrost    Australischer Teebaum    Bärentraube    Baldrian    Beinwell    Belladonna    Benediktenkraut    Bilsenkraut    Birke    Bitterklee    Bittersüßer Nachtschatten    Blutweiderich    Blutwurz    Bockshornklee    Boldostrauch    Brechwurz    Brennnessel    Brombeere    Bruchkraut    Buchweizen    Cannabis    Cayennepfeffer    Chinarindenbaum    Cranberry    Digitalis    Diptam-Dost    Dost    Echinacea    Efeu    Ehrenpreis    Eibisch    Eiche    Eisenkraut    Eleutherococcus    Engelsüß    Engelwurz    Enzian    Ephedra    Erdbeere    Erdrauch    Esche    Eukalyptus    Färberdistel    Faulbaum    Fenchel    Fichte    Fingerhut    Flohkraut / Flohsamen-Wegerich    Frauenmantel    Gänsefingerkraut    Gartenbohne    Gelbwurz    Gewürznelken    Ginkgo    Ginseng    Gliedkraut    Goldrute    Grindelia    Gundelrebe / Gundermann    Habichtskraut    Hafer    Hagebutte    Hamamelis    Hanf    Hauhechel    Heidelbeere    Herzgespann    Hibiscus    Himbeere    Hirtentäschel    Holunder    Hopfen    Huflattich    Indischer Hanf    Indischer Wegerich / Indisches Flohsamen-Kraut    Indischer Weihrauch    Ingwer    Ipecacuanha    Iris    Isländisches Moos    Johannisbeere    Johanniskraut    Kamille    Kamille, Römische    Kapland-Pelargonie    Kapuzinerkresse    Kastanie    Katzenbart    Katzenpfötchen    Kava-Kava    Kiefer    Klette    Knoblauch    Königskerze    Kolabaum    Krauseminze    Kretischer Dost    Kreuzdorn    Kümmel    Kürbis    Kurkuma    Labkraut    Latsche    Lavendel    Lein    Liebstöckel    Linde    Löwenzahn    Lungenkraut    Mädesüß    Mäusedorn    Maiglöckchen    Majoran    Malve    Mariendistel    Mastix    Mate-Teestrauch    Meerrettich    Meerträubel    Meerzwiebel    Melisse    Minze    Mistel    Mönchspfeffer    Moosbeere    Mutterkraut    Myrrhe    Nachtkerze    Odermennig    Ölbaum    Orthosiphon    Passionsblume    Pelargonie    Perubalsam    Pfefferminze    Pflaumenbaum, afrikanischer    Preiselbeere    Primel    Quecke    Quendel    Rauschpfeffer    Rhabarber    Ringelblume    Rizinus    Römische Kamille    Rose    Rosenwurz    Rosmarin    Rosskastanie    Ruhrkraut    Sägepalme    Safran    Salbei    Schachtelhalm    Schafgarbe    Schlafmohn    Schlehdorn    Schleifenblume    Schlüsselblume    Schöllkraut    Schwarznessel    Schwertlilie    Senf    Senna / Sennespflanze    Sibirischer Ginseng    Sideritis    Sojalecithin    Sojapflanze    Sonnenhut    Sonnentau    Spitzwegerich    Stechapfel    Steinklee    Stiefmütterchen    Strohblume    Süßholz    Taigawurzel    Tang / Algen    Taubnessel    Tausendgüldenkraut    Teebaum    Teestrauch    Teufelskralle    Thymian    Tollkirsche    Tolubalsam    Traubensilberkerze    Tüpfelfarn    Vogelknöterich    Wacholder    Walnuss    Wegrauke    Wegwarte    Weide    Weidenröschen    Weihrauch    Weinrebe    Weißdorn    Wermut    Wunderbaum    Zauberstrauch    Zimt    Zistrose    Zwiebel