Arzneipflanzenlexikon

Aloe

Aloe
Foto © P. Schönfelder

Botanische Bezeichnung

Echte Aloe – Aloe vera (L.) Burm. f. (Syn. A. barbadensis Mill.)
Kap-Aloe – Aloe ferox Mill.

Familie

Grasbaumgewächse (Xanthorrhoeaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Die Gattung Aloe umfasst fast 450 Arten und hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in den tropischen und subtropischen Gebieten Afrikas, vor allem in Südafrika; auch findet man sie auf der arabischen Halbinsel, in den Mittelmeerländern, in Amerika und Asien. Es handelt sich um stammlose, kurzstämmige oder baumartige Blattsukkulenten, d.h. dass sie in ihren Blättern Wasser speichern können, wodurch sie sehr gut an ein Klima mit wenig oder schwankendem Niederschlag angepasst sind. Die großen lanzenförmigen Blätter sind deshalb dick und fleischig. Meist sind die Blätter in einer Rosette angeordnet, aus deren Mitte dann ein sehr dekorativer, fast baumartiger Blütenstand herauswächst, an dem zahlreiche große rote, gelbe oder orangefarbene Blüten in Trauben angeordnet stehen.

Der Gattungsname Aloe, lateinisch und griechisch belegt, wird mit „berühmt für Ihre Bitterkeit“ übersetzt. Die Bitterkeit ist auf den gelben „Aloesaft“ zurückzuführen, der aus den fleischigen Blättern ausläuft, wenn man sie am Blattgrund abschneidet und schräg lagert. Pro Blatt fließen 5 bis 10 g Saft ab. Dieser erstarrt beim Trocknen zu einer harten, tiefbraunen, undurchsichtigen Masse, die, als „Aloe“ bezeichnet, arzneilich verwendet wird. Für die Gewinnung dieser Droge werden zwei Aloe-Arten genutzt, die Echte Aloe (Aloe vera, Syn. Aloe barbadensis) und die Kap-Aloe (Aloe ferox). Die Echte Aloe stammt ursprünglich wohl aus dem Sudan und der arabischen Halbinsel und ist heute durch Kulturen und Verwilderung in tropischen und subtropischen Gebieten aller Erdteile verbreitet. Das Artepitheton barbadensis bezieht sich auf ihr Vorkommen auf der Westindischen Insel Barbados. Die Kap-Aloe ist im südafrikanischen Kapland heimisch. Das Artepitheton ferox kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „stark bewehrt, wild“ und bezieht sich auf die harten Dornen in der Blattmitte und auf die scharfen Zähne des Blattrandes.

Genutzt wird auch das Wasserspeichergewebe der Blätter der Echten Aloe. Es besteht aus dünnwandigen Zellen, in denen das Wasser in Form eines Schleims gehalten wird. Dieses schleimige Parenchym, als Aloe-vera-Gel bezeichnet, wird durch „Filetieren“ der Blätter gewonnen. Dabei wird zunächst das Blatt an der Basis und an der Spitze quer abgeschnitten und dann das Gel wie ein Filet herausgeschnitten. Die Filets werden gewaschen, um sie von Resten des bitteren Blattsafts zu befreien, und dann zu einem naturtrüben Saft verarbeitet. Gehandelt werden auch aufkonzentrierte Saftprodukte in Form von Trockenkonzentraten oder auch die frischen Filets selbst, zerkleinert als Würfel. Die Aloe-vera-Gel-Produkte werden sowohl als Saft innerlich eingenommen als auch zur äußeren Anwendung in Kosmetika eingearbeitet. Volkstümlich umgibt das Aloe-vera-Gel die Aura eines Allerheilmittels.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet wird der zur Trockene eingedickte Saft der Blätter (Aloe). Aloe besteht aus leberfarbenen, teilweise glänzenden Stücken mit muscheligen Bruchflächen.

Inhaltsstoffe der Droge

Aloe enthält Anthranoide (Hydroxyanthracen-Derivate, „Anthrachinone“), hauptsächlich die Aloine A und B, außerdem 2-Alkylchromone.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:

  • Kap-Aloe (Aloe capensis)
  • Curaçao-Aloe (Aloe barbadensis)
  • Eingestellter (standardisierter) Aloetrockenextrakt (Aloes extractum siccum normatum)

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat die innerliche Anwendung von Kap- und Curaçao-Aloe zur kurzfristigen Behandlung gelegent­lich auftretender Obstipation (Verstopfung) als „medizinisch an­erkannt“ („well-established use“) akzep­tiert.
ESCOP: Kap- und Curaçao-Aloe: zur kurzfristigen Behandlung einer gelegentlich auf­tretenden Verstopfung.
Kommission E: Kap- und Curaçao-Aloe: bei Verstopfung (Obstipation).

Traditionelle Anwendung

entfällt

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

  • auf Anthranoide (Aloin) standardisierter Aloetrockenextrakt in Dragees
  • pulverisierte Aloe (standardisiert) in festen Arzneimitteln

Dosierung

Um die Wirkung zu gewährleisten und eine Überdosierung zu vermeiden, soll Aloe nur in Form von auf Anthranoide (Aloin) standardisierten Fertigarzneimitteln angewendet werden; die Dosierung ist der Packungsbeilage zu entnehmen. Die Einnahme erfolgt abends vor dem Schlafengehen.

Hinweise

Aloe darf nicht länger als 1 bis 2 Wochen eingenommen werden (Darmhaut-reizendes Abführmittel), eine Daueranwendung verstärkt die Darmträgheit. Aloe soll nicht einge­nommen werden bei Darm­verschluss, Blinddarm­entzündung, entzündlichen Darm­erkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), auch nicht bei abdominalen Schmerzen unbekannter Ursache und schweren Dehydratationserscheinungen. Eine leichte Verfärbung des Urins während der Einnahme von Aloe kann vorkommen.
Obwohl bisher keine Berichte über unerwünschte oder schädigende Wirkung durch Aloe bei Schwangeren und auf den Fötus vorliegen, ist wegen der möglichen genotoxischen Eigenschaft verschiedener Anthranoide von einer Einnahme von Aloe während der Schwangerschaft abzuraten. Auch ist der Übergang der Anthranoide in die Muttermilch nicht auszuschließen, sodass auch eine Einnahme von Aloe während der Stillzeit nicht empfohlen ist. Ebenso sollen Kinder unter 12 Jahren Aloe nicht einnehmen.

Nebenwirkungen

Selten krampfartige Magen-Darm-Beschwerden (Dosisreduktion!). Bei längerer Einnahme von Aloe (Abführmittel­missbrauch) kann es zu Problemen mit dem Wasser- und Elektrolyt­haushalt kommen, insbesondere zu Kaliumverlusten. Auch können dann Eiweiß und Blut im Urin auftreten (Albuminurie, Hämaturie). Bei chronischem Gebrauch kommt es zu (reversiblen) Pigment­einlagerungen in die Darmschleimhaut.

Wechselwirkungen

Bei chronischem Gebrauch von Aloe (Abführmittelmissbrauch) kann es durch Kalium­mangel zur Verstärkung der Wirkung von Digitalispräparaten (Präparate mit Herz­glykosiden) kommen, auch kann die Wirkung von Antiarrhythmika beeinflusst werden. Durch gleichzeitige Einnahme von Thiaziddiuretika, Nebenrindensteroiden und Süßholz­wurzel kann der Kaliumverlust noch verstärkt werden.

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2017, 2022), ESCOP (2014), Kommission E (1993), WHO Vol. 1

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Curaçao-Aloe, Nr. 0257; Kap-Aloe, Nr. 0258; Aloetrockenextrakt, Nr. 0259)

 

Adonisröschen    Afrikanischer Pflaumenbaum    Aloe    Andorn    Angelica    Anis    Arnika    Artischocke    Augentrost    Australischer Teebaum    Bärentraube    Baldrian    Beinwell    Belladonna    Benediktenkraut    Bilsenkraut    Birke    Bitterklee    Bittersüßer Nachtschatten    Blutweiderich    Blutwurz    Bockshornklee    Boldostrauch    Brechwurz    Brennnessel    Brombeere    Bruchkraut    Buchweizen    Cannabis    Cayennepfeffer    Chinarindenbaum    Cranberry    Digitalis    Diptam-Dost    Dost    Echinacea    Efeu    Ehrenpreis    Eibisch    Eiche    Eisenkraut    Eleutherococcus    Engelsüß    Engelwurz    Enzian    Ephedra    Erdbeere    Erdrauch    Esche    Eukalyptus    Färberdistel    Faulbaum    Fenchel    Fichte    Fingerhut    Flohkraut / Flohsamen-Wegerich    Frauenmantel    Gänsefingerkraut    Gartenbohne    Gelbwurz    Gewürznelken    Ginkgo    Ginseng    Gliedkraut    Goldrute    Grindelia    Gundelrebe / Gundermann    Habichtskraut    Hafer    Hagebutte    Hamamelis    Hanf    Hauhechel    Heidelbeere    Herzgespann    Hibiscus    Himbeere    Hirtentäschel    Holunder    Hopfen    Huflattich    Indischer Hanf    Indischer Wegerich / Indisches Flohsamen-Kraut    Indischer Weihrauch    Ingwer    Ipecacuanha    Iris    Isländisches Moos    Johannisbeere    Johanniskraut    Kamille    Kamille, Römische    Kapland-Pelargonie    Kapuzinerkresse    Kastanie    Katzenbart    Katzenpfötchen    Kava-Kava    Kiefer    Klette    Knoblauch    Königskerze    Kolabaum    Krauseminze    Kretischer Dost    Kreuzdorn    Kümmel    Kürbis    Kurkuma    Labkraut    Latsche    Lavendel    Lein    Liebstöckel    Linde    Löwenzahn    Lungenkraut    Mädesüß    Mäusedorn    Maiglöckchen    Majoran    Malve    Mariendistel    Mastix    Mate-Teestrauch    Meerrettich    Meerträubel    Meerzwiebel    Melisse    Minze    Mistel    Mönchspfeffer    Moosbeere    Mutterkraut    Myrrhe    Nachtkerze    Odermennig    Ölbaum    Orthosiphon    Passionsblume    Pelargonie    Perubalsam    Pfefferminze    Pflaumenbaum, afrikanischer    Preiselbeere    Primel    Quecke    Quendel    Rauschpfeffer    Rhabarber    Ringelblume    Rizinus    Römische Kamille    Rose    Rosenwurz    Rosmarin    Rosskastanie    Ruhrkraut    Sägepalme    Safran    Salbei    Schachtelhalm    Schafgarbe    Schlafmohn    Schlehdorn    Schleifenblume    Schlüsselblume    Schöllkraut    Schwarznessel    Schwertlilie    Senf    Senna / Sennespflanze    Sibirischer Ginseng    Sideritis    Sojalecithin    Sojapflanze    Sonnenhut    Sonnentau    Spitzwegerich    Stechapfel    Steinklee    Stiefmütterchen    Strohblume    Süßholz    Taigawurzel    Tang / Algen    Taubnessel    Tausendgüldenkraut    Teebaum    Teestrauch    Teufelskralle    Thymian    Tollkirsche    Tolubalsam    Traubensilberkerze    Tüpfelfarn    Vogelknöterich    Wacholder    Walnuss    Wegrauke    Wegwarte    Weide    Weidenröschen    Weihrauch    Weinrebe    Weißdorn    Wermut    Wunderbaum    Zauberstrauch    Zimt    Zistrose    Zwiebel