Arzneipflanzenlexikon

Senf

Senf
Foto: @ Sertürner Bildarchiv

Botanische Bezeichnung

Weißer Senf – Sinapis alba L. (Syn. Eruca alba Noulet)
Schwarzer Senf - Brassica nigra W.D.J. Koch (Syn. Sinapis nigra L.)

Familie

Kreuzblütler (Brassicaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Der Weiße Senf – S. alba (lat. ‚albus‘ = weiß) ist in Vorderasien bis Indien beheimatet, wird jedoch in Mitteleuropa und vielen anderen Ländern der Welt kultiviert. Es ist ein einjähriges, 30 bis 80 cm hohes Kraut mit etwas borstig behaartem Stängel und gestielten, leierförmig-fiederspaltigen Blättern. Mehrere hellgelbe Kreuzblüten bilden einen end­ständigen traubig-doldigen Blütenstand; die Kelchblätter sind sehr schmal und waage­recht abstehend, die vier Kronblätter sind 8 bis 12 mm lang und verkehrt eiförmig. Blütezeit ist Juni/Juli. Der weiße Senf fruchtet mit einer lang gestielten, lang geschnäbelten, behaarten Schote (2 bis 4 cm lang) mit 2 bis 6 gelblichen, kugeligen Samen („Senfkörner“). Diese werden zum Einlegen von Gurken und Mixed-Pickels sowie zum Würzen von Wurst und Fischkonserven verwendet; auch wird daraus Speisesenf bereitet.

Der Schwarze Senf, Sinapis nigra (lat. niger, fem ‚nigra‘ = schwarz glänzend) ist dem Weißen Senf sehr ähnlich. Er ist stärker verzweigt, die oberen Blätter sind ungeteilt, die Blüten sind etwas kleiner und stehen büschelartig zusammengedrängt an der Spitze des Stängels und der Seitenzweige. Blütezeit ist Juni bis September. Die Schoten (2 bis 3 cm lang) stehen aufrecht und schmiegen sich etwas dem Stängel an. Wenn sie reif sind, platzen sie auf und setzen 8 bis 16 rotbraune bis schwarze Samen frei. Auch der Schwarze Senf wird weltweit angebaut und die Samen zu Senf verarbeitet.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden jeweils die reifen, getrockneten Samen.
Weiße Senfsamen (Erucae semen); Schwarze Senfsamen (Sinapis nigrae semen)
Die im Handel befindliche Drogen stammen aus Kulturen; Drogenimporte aus Osteuropa.

Inhaltsstoffe der Droge

Weiße und Schwarze Senfsamen enthalten Senfölglykoside (= Glucosinolate); diese kommen beim Zerschneiden und Trocknen der Pflanze mit einem in besonderen Zellen gelagerten Enzym, der Myrosinase, in Kontakt. Die Senfölglykoside werden dadurch hydrolysiert (Abspaltung des Zuckerrests), worauf eine chemische Umlagerung zu den Schleimhaut-reizenden, scharf schmeckenden „Senfölen“ erfolgt (wie auch bei Meerrettich u.a.). In den Weißen Senfsamen dominiert das Sinalbin, das sich nach der Hydrolyse zu p-Hydroxybenzylisothiocyanat (scharf schmeckend, nicht flüchtig) umlagert, bei den Schwarzen Senfsamen ist es das Sinigrin, aus dem das scharf schmeckende, flüchtige Allylisothiocyanat (Allylsenföl) entsteht. Beide Samen enthalten außerdem fettes Öl (bis 35 %), Proteine (ca. 40 %), Schleimstoffe, Sinapin, Flavonoide und Steroide.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität der Weißen Senfsamen (Erucae semen) und der Schwarzen Senfsamen (Sinapis nigrae semen) ist im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) festgelegt.

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Weiße und Schwarze Senfsamen wurden bisher weder vom HMPC noch von der ESCOP bearbeitet.
Kommission E: Weiße Senfsamen: zur äußeren Anwendung bei Katarrhen der Luftwege sowie zur Segmenttherapie bei chronisch-degenerativen Gelenkerkrankungen und Weich­teilrheumatismus (Breiumschläge).
Die Kommission E hat damit die volksheilkundliche Anwendung von Senfsamen aufgegriffen. Die Senföle, die entstehen, wenn Senfsamen zu Brei verarbeitet werden, besitzen eine stark hautreizende und durchblutungsfördernde Wirkung. Dieser „Brei“ (Senfkataplasma) wird äußerlich als Senfwickel (Breiumschläge) oder als Senfpflaster bei Bronchitis, bei Rheuma­schmerzen und Hexenschuss angewendet.

Traditionelle Anwendung

Weiße Senfsamen und Schwarze Senfsamen erhielten bisher keine Einstufung als traditionelle Arzneimittel im Sinne des § 39a AMG.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

Im Handel sind „Senfpflaster“ mit einer breiigen Senfsamenzubereitung auf Pflaster­grundlage verfügbar; außerdem eine Tinktur (Senfspiritus – Spiritus sinapis).

Dosierung

Breiumschlag: 4 Esslöffel Senfmehl (pulverisierte Samen) mit lauwarmem Wasser zu einem dicken Teig anrühren. Dieser wird auf ein Leinentuch gestrichen und je nach Beschwerden auf Brust, Rücken oder Nacken gelegt. Einwirkungszeit: bei Kindern 5 bis 10 Min., bei Erwachsenen 10 bis 15 Min. Dann erfolgt ein Reinigungsbad bei 36°C.
Die Senfpflaster müssen vor dem Aufkleben 10 bis 15 Sekunden in warmes Wasser gehalten werden;
Anwendungsdauer siehe Packungsbeilage.

Bereitung eines Teeaufgusses

entfällt

Hinweise

Bei Anwendung unbedingt Augen und Gesicht schützen! Da Senföle durch die Haut dringen und das Nierenepithel reizen können, dürfen Senfwickel bei Nierenerkrankungen nicht angewendet werden. Bei Kindern unter 6 Jahren ist eine Behandlung mit Senfwickel nicht ratsam, ebenso nicht während der Schwangerschaft oder Stillzeit.

Nebenwirkungen

Bei zu langer Anwendung besteht die Gefahr von Haut- und Nervenschäden. Zu lange auf der Haut belassene Senfwickel oder Senfpflaster verursachen Blasenbildung oft mit eiternden und schlecht heilenden Geschwüren und Nekrosen.

Wechselwirkungen

Keine bekannt

Literaturhinweise

Drogenmonographien

Kommission E (1990)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen

 

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