Arzneipflanzenlexikon

Rauschpfeffer/Kava-Kava

Rauschpfeffer/Kava-Kava
Foto: © P. Schönfelder

Botanische Bezeichnung

Rauschpfeffer, Kava-Kava, Kawapfeffer – Piper methysticum G. Forst.

Familie

Pfeffergewächse (Piperaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Der Wurzelstock (das Rhizom) des Rauschpfeffers (= Kava-Kava) wurde auf den pazi­fischen Inseln schon vor 3000 Jahren bei religiösen Zeremonien verwendet, von dort aus verbreitete sich dann das Wissen über seine Wirkung auf die Eingeborenen Australiens und Hawais bis in die USA. Kava-Kava hat eine entspannende, leistungssteigernde und angstlösende Wirkung; in höheren Dosen kommt es bis zur Euphorie. Bei allen religiösen Festen wurde und wird auch heute noch Kava-Kava konsumiert. Dabei wird das Rhizom entweder gekaut oder mit Wasser oder Kokosmilch vermischt getrunken.

Die „berauschende“ Eigenschaft des Rauschpfeffers spiegelt sich in dem Artepitheton methysticum wider; es leitet sich ab von gr. ‚methystikos‘ (= berauschend, Rausch). Die eigentliche Heimat des Rauschpfeffers ist unbekannt, auch kennt man heute keine Wildform, sondern nur mehrere sterile Kultursorten (nur männliche Blüten); sie werden auf vielen pazifischen Inseln zwischen dem nördlichem und südlichem Wendekreis und in Neuguinea kultiviert.

Der Rauschpfeffer ist ein 2 bis 3 m hoher, zweihäusiger Busch mit knotigem Hauptspross. Seine Blätter sind sehr groß (13 – 28 cm lang, 10 – 22 cm breit), unterseitig flaumig behaart und mit einem tief-herzförmigen Grund und großen Nebenblättern. Zahlreiche kleine Blüten stehen in einem bis 9 cm langen ährenartigen Blütenstand. Der unterirdische Wurzelstock (das Rhizom) ist verzweigt und saftig; nach unten gehen davon viele Wurzel ab.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet wird der geschälte und zerschnittene, meist von den Wurzeln befreite, getrocknete Wurzelstock (Kava-Kava-Wurzelstock – Kava-Kava rhizoma).
Die Droge stammt meist aus Kulturen in Polynesien und Melanesien.

Inhaltsstoffe der Droge

Kava-Kava-Wurzelstock enthält 5 bis 6% Kavapyrone (Styrylpyrone, Kavalactone), u.a. Kavain, Dihydrokavain, Methysticin, Dihydromethysticin und Yangonin; außerdem Chalkone (Flavokavin A bis C) und Flavanone.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität des Kava-Kava-Wurzelstocks war ursprünglich im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) festgelegt; heute darf die Droge arzneilich nicht mehr genutzt werden, weswegen keine Arzneibuch-Qualitätsbeschreibung mehr zur Verfügung steht.

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

In einer öffentlichen Verlautbarung (public statement) zu Kava-Kava-Wurzelstock kommt das HMPC im Jahre 2018 zu dem Schluss, dass bei einer Abschätzung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses das Risiko den Nutzen übersteigt. Bei der Anwendung von Kava-Kava-Wurzelstock am Menschen waren schwere Leberschäden beobachtet worden, teilweise mit Todesfolgen; zudem wurde bei Tieren ein kanzerogenes Potential nachgewiesen.
Auch in der ESCOP-Monographie aus dem Jahr 2003 wird sehr detailliert auf die lebertoxische Wirkung hingewiesen. Das Anwendungsgebiet lautet dort: Angstzustände, Spannungs- und Unruhezustände verschiedener nicht-psychotischer Genese.
Bei der Erstellung der Monographie durch die Kommission E im Jahr 1990 war die lebertoxische Wirkung von Kava-Kava-Wurzelstock noch nicht bekannt; das Anwendungsgebiet lautete damals: nervöse Angst-, Spannungs- und Unruhezustände.

Traditionelle Anwendung

entfällt

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

Kava-Kava-Wurzelstock wird heute aus den oben ausgeführten Gründen nicht mehr arzneilich verwendet. Im Jahre 2007 wurde nach jahrelanger Auseinandersetzung mit den Arzneimittelherstellern in Deutschland die Zulassung für alle Kava-Kava-haltigen Arzneimittel wegen des Verdachts auf schädliche Wirkung widerrufen. Im Februar 2015 wurde dieser Entscheid gerichtlich aufgehoben, jedoch unter der Maßgabe, dass Maßnahmen ergriffen würden, die eine Verkehrsfähigkeit der Produkte ohne unvertretbare Gefahren für die öffentliche Gesundheit gewährleisten. Diese Entscheidung wurde 2019 gerichtlich bestätigt, sodass das „Comeback“ von Kava-Kava-Arzneimitteln in naher Zukunft möglich zu sein schien. Da aber 2018 auf Europäischer Ebene bei der EMA durch das HMPC (siehe oben) das Nutzen-Risiko-Verhältnis als negativ eingestuft worden war, sah sich die deutsche Behörde (BfArM) im Zugzwang und akzeptierte die HMPC-Einschätzung, zumal die von den Herstellern inzwischen eingereichten Unterlagen den Vorbehalt des HMPC gegen Kava-Kava-haltige Arzneimittel nicht widerlegen konnten. Die Zulassung entsprechender Arzneimittel wurde somit erneut widerrufen.
Von diesem Widerruf sind homöopathische Kava-Kava-Arzneimittel ab D4 nicht betroffen.

Dosierung

entfällt

Bereitung eines Teeaufgusses

entfällt

Hinweise

Auf Grund der Tatsache, dass eine lebertoxische Wirkung von Kava-Kava-Wurzelstock nicht ausgeschlossen werden kann, wird von einer Einnahme entsprechender Produkte abgeraten. Ungewöhnliche Müdigkeit, Schwäche, Appetitverlust und Gewichtsabnahme sind ein Hinweis auf eine mögliche Leberschädigung, ebenso wie die Gelbfärbung der Bindehaut oder der Haut, dunkler Urin und farbloser Stuhl.

Nebenwirkungen

Siehe Hinweise; außerdem Akkommodationsstörungen, Pupillenerweiterung sowie Gleich­gewichtsstörungen

Wechselwirkungen

Eine Wirkungsverstärkung von zentral wirksamen Arzneimitteln (u.a. Barbiturate, Psychopharmaka) und von Alkohol ist möglich.

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2018), ESCOP (2003), Kommission E (1990), WHO Vol. 2

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen

 

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